Was hat der Magen deines Pferdes mit Vitamin B12 (Cobalamin) zu tun?
Der Magen des Pferdes (Fassungsvermögen von 12 – 15 L), ist einhöhlig zusammengesetzt (Abbildung). Zusammengesetzt bedeutet, dass er unterschiedliche Schleimhautanteile besitzt:
✓ drüsenlos (ein großer Teil der Fundusdrüsenzone)
✓ drüsenhaltig
Abbildung: stark vereinfachte Darstellung des Magens und der Magenschleimhaut deines Pferdes
Das Pferd ist ein Pflanzenfresser, dessen Verdauungsapparat darauf ausgelegt ist, fast ununterbrochen Pflanzenfaser aufzunehmen. Durch das Kauen und die basische Pflanzennahrung ist genügend Hydrogencarbonat im Magen enthalten. Zusammen mit diesem Salz, welches als Puffer dient, und der ausgekleidenden Schicht des Magens, ist er geschützt. Das im Magen gebildete Pepsin (Eiweißaufspaltung der Nahrung) und die Salzsäure würden ihn ansonsten selbst verdauen lassen.
Wird jedoch die physiologische dauerhafte Pflanzenaufnahme häufig und langfristig durch unphysiologisch lange Fresspausen unterbunden, kommt es zu Schädigungen. Bei kurzfristigen Schädigungen kann sich das Magen - Schleimhautepithel wieder regenerieren.
Langfristige Schäden führen zu größeren Problemen:
Bleibt der drüsenlose Schleimhautteil über längere Zeit unbefüllt und kann das Pferd aufgrund fehlender Faser nicht kauen (Speichel mit Hydrogencarbonat), wird es in einen Stresszustand versetzt. Stress bewirkt zusätzlich eine Austrocknung der Schleimhaut, da Adrenalin die Gefäße zusammenziehen lässt.
Der Säureüberschuss, der nun im Magen entsteht, führt zu Verletzungen in der (ausgetrockneten) Schleimhaut. Es kommt zur Histaminausschüttung (hervorgerufen durch bestimmte Zellen des Immunsystems), was wiederum zu noch mehr Säureproduktion (hervorgerufen durch das Histamin im Magen) führt. Ein Teufelskreis (Circulus Vitiosus) entsteht.
Über kurz oder lang wird nun insbesondere der drüsenlose Schleimhautanteil geschädigt, vor allem, wenn er lange Zeit unbefüllt bleibt und das Pferd in dem Moment laufen oder springen muss. Die Salzsäure schwappt im Magen hin und her, reine Physik ;)
Folgende Krankheiten können beispielsweise daraus resultieren:
✓ Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
✓ Ulzerative Magenschleimhautentzündung (EGUS)
Was hat all dies nun mit der Aufnahme des Vitamin B12 zu tun?
Im Bereich der Fundusdrüsenzone gibt es verschiedene Zellen (Haupt-, Neben- und Belegzellen; Abbildung), die unter anderem Schleim, Pepsinogen und Salzsäure produzieren.
Die Belegzellen produzieren Salzsäure und den sogenannten Intrinsischen Factor (Intrinsic Factor). Dieser Intrinsische Faktor ist ein Aufnahmeeiweißmolekül (Glycoprotein), welches zusammen mit Vitamin B12 einen Komplex bildet. Er ist eine Form, um das Vitamin B12 zu transportieren. Erst im weiteren Abschnitt des Verdauungsvorganges kommt es über biochemische Vorgänge zur Spaltung dieses Komplexes und damit Freisetzung des Vitamin B12 zur Absorption (Ileum - Dünndarmabschnitt).
Ursache der Aufnahmestörung:
Ist dieser Fundusdrüsenbereich geschädigt, können die Belegzellen nicht mehr ausreichend Intrinsischen Faktor bilden. Das kann zu einem Vitamin B12 Mangel führen. Fehlt Vitamin B12, kann es zur Blutanämie (pernitiöse Anämie) kommen, da dieses Vitamin unter anderem bei der Blutkörperchenbildung eine wichtige Rolle spielt.
→ Lass es gar nicht so weit kommen und achte auf eine stete Raufuttergabe.
Hat dein Pferd allerdings schon Magenbeschwerden, solltest du zusätzlich unbedingt auf das Vitamin B12 achten!
Quellen:
Literatur
SALOMON, F.-V. et al., „Anatomie für die Tiermedizin“, 3. Auflage
v. ENGELHARDT, W. et al., „Physiologie der Haustiere“, 3. Auflage
Websites
https://www.vitaminb12.de/aufnahmestoerung/
https://www.onmeda.de/anatomie/magen